Freitag, 15. Oktober 2010

Hey! Was ist denn los?

Ich hab Urlaub und wo ist er denn nun, der goldene Oktober?
Von golden hab ich echt noch nicht so viel gesehn. Mehr des Nebels feuchte Nässe.
Trübe Milch der Frühe, trübe Milch des Tages, trübe Milch des Abends und wahrscheinlich auch trübe Milch der Nacht.

Ja, ja, von wegen es herbstelt. Dieser Jahreszeit, die der Natur das Grün nimmt, die mit kalten Fingern in Kragen und unters Hemd greift, der hat man doch echt ein Verb gegeben. Ich glaub es nicht.

Es herbstelt.

Es war das Jahr der Extreme.
Im letzten Winter haben wir aller Orten extrem viel Schnee geschippt.
Im Frühling hat es extrem geregnet.
Der Sommer war dann darüber so geschockt, dass er sich nach einem extremen Wonnemonat Juli, gleich wieder vom Acker gemacht hat.

Schon von daher sollte ich nicht fragen warum es nicht mächtig gefrühlingt oder gewaltig gesommert hat. Den Winter zähl ich nicht - ich bin froh wenn ich einmal mehr erfolgreich (über)wintert habe.

Diese Herbststimmung die eigentlich eine kleine Endzeitstimmung ist, wäre um vieles erträglicher wenn der Lauf der Zeiten einigermaßen normal verlaufen wäre.
Das Jahr zerfällt, im Wald wachsen neben anderen Pilzen, Totentrompeten. Die katholische Kirche feiert Totensonntag und Allerseelen. Das Jahr verfällt genau so wie das Leben.
Melancholie macht sich breit.

Herbsttag von Rainer Maria Rilke

Herr: Es ist Zeit. Der Sommer war sehr groß.
Leg deinen Schatten auf die Sonnenuhren
und auf den Fluren lass die Winde los.

Befiehl den letzten Früchten reif zu sein
gib Ihnen noch zwei südlichere Tage
dräng sie zur Vollendung hin und jage
die letzte Süße in den schweren Wein.

Wer jetzt kein Haus hat, baut sich keines mehr
wer jetzt allein ist, wird es lange bleiben,
wird lesen, wachen, lange Briefe schreiben
und wird auf den Alleen hin und her
unruhig wandern, wenn die Blätter treiben.

Ach Herbst, ich mag dich nicht zu sehr,
aber verdammt noch mal, caramba, ich muss mit Dir leben.

Meinst Du nicht wir könnten uns ein bisschen arrangieren?

Ich liebe Dich ein bisschen mehr und Du präsentierst dich dafür doch noch etwas von deiner güldnen Seite?



Ja wirklich, ich versuche mich täglich drei bis vier Stunden an Dir zu erfreuen, aber es gelingt mir nicht so recht.
Und jetzt scheinst du so richtig bockig und stur zu werden.
Manch einer prophezeit nun einen Wintereinbruch und das Mitte Oktober.


Ach goldener Oktober, warum suchst Du dir den triesten November, gar den kalten Winter nun als Freund?

Montag, 11. Oktober 2010

Seekönigin goes incognito

Pschhht, niemand weitersagen, ich war heute unerkannt im Seereich unterwegs - als hundsgemeiner Homo Touristiensis, so mit Kamera, Sonnenbrille und Schifffahrt, nur mein Dialekt ließ auf meine wahre Herkunft schließen. *lach*
Nach mäßiger (wettertechnisch gesehen) und saumäßiger (auf die gemeine Spezies Tourist bezogen) Saison bin ich endlich im Urlaub angekommen.
Jetzt wo das Seereich langsam wieder den Einheimischen gehört, da darf ich endlich auch mal Ferien machen.

Eh! Ich war schon drauf und dran in den Untergrund zu gehn und eine terrorristische Vereinigung zu gründen. Touristen sind das ätzendste was es überhaupt gibt. Prollig, einfach Pöbel, asozial, unverschämt, hochnäsig, penetrant - schlicht weg - UNERTRÄGLICH!!!!

Freitagnachmittag war ich nochmal schwimmen. Das Wasser hat immer noch ca. 15° +/-, wenn die Sonne scheint dann kostet mich das kalte Wasser kein bisschen Überwindung und ich verstehe nicht warum man mich als verrückt belächelt. *smile* Immerhin genieße ich dieses Prickeln auf der Haut schon konsequent seit ein paar Monaten, sofern es das Wetter erlaubt.
Super, der Urlaub ist gerettet, die Badesaison noch lange nicht beendet.
Boah, dann aber das Wochenende.
In ganz Deutschland zeigte sich der goldene Oktober von seiner besten Seite. In ganz Deutschland?
Nein, in einem kleinen unbeugsamen Seereich, an Deutschlands südlichstem und letzten Zipfele, da wollten die tief hängenden Wolken der Sonne keine, aber auch wirklich nicht die geringste Chance lassen. Erst gestern, am späten Nachmittag setzte Sie sich durch, um wenigstens kurz darauf strahlend unterzugehn.
Genau so strahlend begann der heutige Tag, dafür aber saukalt. Ich beschloss mit dem Schiff auf die "Insel Reichenau" zu fahren und dort ein paar Kilometer zu laufen, paar Fotos zu schießen, einfach mal die Heimat genießen. Als mein Sohn 4 oder 5 war, war ich zuletzt auf der Reichenau und mindestens genau so lange ist es her, dass ich eine Schifffahrt gemacht habe. Damals schrieb man Schifffahrt jedenfalls noch mit zwei efff, nicht mit drei.
Zum 17. Oktober wird die Schifffahrt auf dem Bodensee, wie auch auf Rhein und Untersee eingestellt.
Dann pendeln einzig und allein die Fähren, noch im Viertelstundentakt. Es gibt dieser Tage nur noch eine Fahrt den Rhein hinunter, um zwölf Minuten nach elfe!
Ach ja und dann zogen kurz vor elfe wieder tiefhängende Wolken auf, mich hat geschlottert aufm Weg zum Hafen und ich hab tatsächlich vor lauter schlottern das Schiff verpasst! Echt, ich hab es voll verpasst.
Missmutig schlich ich durch die Kälte Richtung "My-home-is-my-castle" als mir plötzlich der Regioexpress einfiel. Ich hastete zum nahe gelegenen Bahnhof und erwischte den "Seehas" grade noch rechtzeitig. Er brachte mich innerhalb von 10 Minuten bis vor die Insel.
Schon auf dem Weg, Kilometer für Kilometer wurde die Luft klarer, die Wolkenschicht dünner.
Vor mir lag letztendlich die Pappelallee die das Festland mit der "reichen Aue" verbindet.


Rings von Wassern wild umbrandet, und einst von Mönchen kultiviert wurde
die „Klosterinsel Reichenau“ im Bodensee am 30. November 2000 in die Welterbeliste der UNESCO aufgenommen als Kulturlandschaft, die ein herausragendes Zeugnis von der religiösen und kulturellen Rolle eines großen Benediktinerklosters im Mittelalter ablegt.

Die Kultur hab ich mal links liegen gelassen und mich nur auf die Natur konzentriert.
Die optischen Eindrücke waren überwältigend, geruchstechnisch hat eindeutig der Kohl dominiert, bevor er nächstens vom Lauch abgelöst wird.


Da wachsen auch Sonnenblumen und Kürbisse.


Cocktailtomätchen


Pepperonies


Kakteen


Palmen


und natürlich Bananen, schließlich sind wir ja nur ne Bananenrepublik.


So habe ich letztlich fast die ganze Insel umrundet, bevor ich mich an Bord der "Schaffhausen" begeben habe und wieder zurück, den Rhein hinauf gen Konstanz geschippert bin.

Natürlich war ich streckenweise zu warm angezogen, im Bug der "Schaffhausen" hätte ich mir allerdings einen dickeren Schal um die Ohren gewunschen.

Alles in allem war es ein wunderbarer Urlaubstag, den sogar die 10.20 Euro für die kurze Fahrt über Untersee und Rhein wett gemacht haben.

Hier noch ein paar Impressionen bevor ich müde, aber glücklich den gelungenen ersten Urlaubstag in heimischem Gewässer, natürlich immer noch incognito, beschließe und mein königinnenliches Haupt auf güldene Kissen bette. *schmunzel*