Dienstag, 23. April 2013

Gefangenschaftsflüchtlinge im Seereich

Als ich bei meinem Ausflug Anfang April, auf die "Insel Reichenau" vor dem einsetzenden Regen flüchten mußte, suchte ich Schutz unter einer großen Fichte in unmittelbarer Nähe des Münsters St. Maria und Markus, in Reichenau-Mittelzell.

Aus Blogbilder

Schon unterwegs hörte ich laute, durchdringende, mir nicht bekannte Vogellaute und konnte aber keinen Vogel entdecken zu dem das nicht zuordenbare Gekrächzte gehörte. Als ich im Schutz der ausladenden Fichtenäste mein belegtes Brot genoß und auf nachlassenden Regen hoffte, erspähte ich hoch oben auf den Dachfirsten des Münsters seltsame Vögel. Zu groß für Enten, zu kurzbeinig für einen Storch oder Reiher, aber es waren eindeutig die Erzeuger des nervigen, weithin hörbaren Geschnatters. Ich hab dann mit der Kamera die Tiere heran gezoomt und war mir nicht ganz sicher was das für Vögel waren - jedenfalls keine mir bekannte Entenart und so tippte ich auf - Gänse. (Die Photos der Vögel auf dem Kirchendach sind nicht sehr gelungen, dazu hat das Tele meiner Kamera nicht gereicht.)

Aus Rostgänse auf der Insel Reichenau

Zuhause klatschnaß angekommen machte ich mich im World Wide Web auf die Suche nach diesen mir bis dato unbekannten Tieren. Es waren tatsächlich Gänse. Um genauer zu sein, Rostgänse.
Seit den 60er Jahren wurden diese Tiere am Bodensee vereinzelt beobachtet und wie es ausschaut sind sie inzwischen hier auch heimisch. Sie stammen ursprünglich aus den Steppen und Halbwüsten von Zentralasien und Nordafrika. In Europa ist sie nur in Südspanien, Griechenland und am Schwarzen Meer beheimatet. Man vermutet, daß sich Wildtiere mit sogenannten Gefangenschaftsflüchtlingen gepaart haben. Einige Exemplare leben seit den 90ern im Naturschutzgebiet auf der Halbinsel Mettnau. Die Tiere sind Höhlenbrüter, 2003 brütete ein Paar im Kirchturm des Städtchens Markelfingen, welches vor der Halbinsel liegt. Nun brüten die Rostgänse also im Kirchturm des Reichenauer Münsters. Ich war natürlich einigermaßen verwundert weshalb die von mir beobachteten Tiere hoch oben auf den Kirchendächern schnatterten und ab und an in den Fensteröffnungen des Kirchturms verschwanden. Dank dem Internet konnte ich recherchieren weshalb.

Letzte Woche stattet ich bei sonnigem Wetter der Reichenau, auch wegen diesen, mich faszinierenden Gänsen einen weiteren Besuch ab. Ich war einigermaßen enttäuscht als ich die Dächer von "St. Maria und Markus" und auch die nähere Umgebung verwaist vorfand. Schade!
Aber irgendwann, fast schon am westlichen Ufer der Insel angelangt wurde ich auf einmal den lauten, durchdringenden Rufen der Rostgänse gewahr und schließlich fand ich zwei Paare in einer kleinen, seichten Bucht.
Wunderschöne Tiere! Das rostrote Gefieder glänzt wunderschön in der Sonne und aus einem weißen Köpfchen blicken runde schwarze Knopfaugen frech in die Welt. Das Männchen trägt zudem einen schwarzen Federring um den Hals.
Rostgänse sind nicht unbedingt beliebt, da sie besonders während der Brutzeit sehr aggressiv gegenüber anderen Wasservögeln und auch Menschen sind. Und in der Tat, in der kleinen Bucht brütete nur ein Schwanenpaar und außer ein paar wenigen Bläßhühnern war nicht eine einzige Ente zu sehen.
Dafür aber zwei herrliche, meine ganze Aufmerksamkeit in Anspruch nehmenden, Rostganspaare.

Schwer beindruckt hat er mich der Herr Ganter!

Aus Rostgänse auf der Insel Reichenau

Was für ein herrliches Tier!

Es fiel mir echt schwer die schönsten Bilder auszuwählen, drum präsentiere ich sie in einer schon stark reduzierten Galerie. Ich kann mich an den mir so sympathischen Gefangenschaftsflüchtlingen gar nicht satt sehen, man nennt sie auch die gefiederten Kämpfer im rostroten Kleid.
Ja, wenn ich ein Gänschen wäre, dann hätte ich mich auch schleunigst aus menschlicher Gefangenschaft befreit und mich rasch vom Acker gemacht.
So ernenne ich die Rostgans zum seeköniginnenlichen Wasservogel des Jahres.

4 Kommentare:

...und neugierig bleiben - oder ?? hat gesagt…

.....du bist ja ein Glückspilz , liebe Juana - solche , eher seltene Gänse zu treffen ! Ich liebe ja Gänse, Enten und ach das ganze Federvieh, eigentlich alles Viehzeugs .....naja, Würmern bin ich nich so gut, weiß aber, daß sie nützlich sind ! Diese Rostgänse sehen aus wie ne Kreuzung zwischen Enten und Gänsen, wohlwissend - sowas geht nicht ! Aber zauberhaft alle anzusehn - dickes Dankeschön !! Mal sehen, was uns Juana noch so alles herzaubert......
Ganz liebe Grüße aus der Ferne von mir....

seekoenigin hat gesagt…

Guten Abend Rebekka.

Naja, da ich ja bekanntlich kurzsichtig bin und die Brille statt auf der Nase in der Tasche spazieren trage, war es ein Glück, daß sich die Rostgänse akustisch so sehr in Scene gesetzt haben, sonst hätte ich sie vielleicht übersehen. *lach* Wobei, den muskulösen Ganter, den hätte ich sicher nicht übersehen! Für schöne Männer hab ich immer ein scharfes Auge. *kicher*

Wirklich, ich schätze mich als Glückkind ein, daß ich früh zu arbeiten anfange, nach knapp sieben Stunden Feierabend mache und die herrlichen Nachmittage zur freien Verfügung habe. Alles Geld der Welt kann mir die Schönheit der Natur und meine Entdeckungen nicht ersetzen.

Heute habe ich übrigens 584 Photos gemacht und überraschenderweise sind fast alle gestochen scharf, meine geneigte Leserschaft wird, aus dem "Ahhh" und "Ohhhh" rufen gar nimmer rauskommen, vollkommen überwältigt sein. Das war ich heute nämlich auch - sprachlos vor lauter Duft und Farbenpracht. :-O

Später mehr von einem wunderbaren Tag.
Es grüßt fröhlich z' rück -

Juana

...und neugierig bleiben - oder ?? hat gesagt…

....ja ja - mach mir nur den Mund richtig wäßrig ....mit Duft und Farbenpracht ! Aber hier gehts auch recht gut zur Sache....wenns jetzt nochmal schön regnen würde !
Da freu ich mich doch schon auf die vielen Fotos, und wenn du tausendmal deinen See ins Visier nimmst - hinter jeder Biegung sieht er anders aus und wenn du morgen an die gleiche Stelle wie heute gingst - würde er wieder anders ausschaun.....herrliche Natur !Und wie du so schön sagst, alles was wir an Schönem verinnerlichen, kann niemand mehr nehmen...!
Ich wünsch dir eine gute Nacht und morgen neue interessante Eindrücke......winke winke

seekoenigin hat gesagt…

Die Farben kann ich hier gerne weitergeben, den Duft mußt Du Dir dazu allerdings denken.
Wir hatten hier wahrlich genug Regen, gestern sah ich viele Wiesen unter Wasser stehen - lauter schöne Ententeiche - nur der Königin ist darüber nicht entzückt. Etwas weniger davon hätte auch gereicht um alles ergrünen und erblühen zu lassen. Sonne hat gefehlt - dafür scheint sie aber heute endlich schon zu früher Stunde durchs Fenster. Welch Wonne!

Ich selbst bin auch immer wieder aufs Neue erstaunt wie sich die Natur fast täglich mit neuem "Gewand" zeigt - es wird in der Tat nie langweilig und es gibt immer etwas zu entdecken! Wenn ich mir vorstelle daß ich früher ein Stubenhocker war, da muß ich mich selbst "Banause" schimpfen - was ich alles verpaßt habe!

Ich hoffe ich kann hier bald den Rostgansnachwuchs vorstellen, auch auf das Risiko hin, daß die mich attackieren. *lach*

Fröhliche Grüße durch den strahlend sonnigen Frühlingsmorgen und die besten Wünsche für einen wunderbaren Tag sendet

Juana